Mittwoch, 5. April 2017

Ich so neulich auf Facebook...

Hallo ihr Lieben,

ich habe möglicherweise ein typisches Wald-vor-lauter-Bäumen-Problem und würde mich sehr über Hilfe beim Gehirnwindungenentknoten freuen.

Aaaaalso.

Ich beginne mit einem Outing: ich bin weder eine begnadete Hausfrau noch eine Ordnungsfee noch ein Organisationstalent.Es geht mir nicht ganz easy peasy von der Hand, aus einem Saustall eine IKEA-Vorführresidenz zu zaubern. Mit ein bisschen Disziplin könnte ich es vielleicht von "Zustand nach Einbruch" zu "Es reicht, wenn Gäste sich eine halbe Stunde vorher anmelden schaffen", hätte ich mir nicht den süßesten Saboteur der Welt in die gemeinsame Wohnung geboren.

Nennen wir ihn einfach Hutz* und schreiben ihm die Eigenschaften kreativ und ambitioniert zu *räusper*.Wenn der Hutz wach ist, schaffe ich nichts im Haushalt. Und Gott weiß: ich habe es versucht. 

Ich möchte nicht aufzählen was passiert, wenn ich versuche, mich einer Tätigkeit zu widmen, ihr alle kennt das (, oder?).Nun dachte ich, ich hätte DEN Masterplan: Haushalt wenn Hutz im Bett.Jahaaaa, prinzipiell ne feine Idee.Praktisch sieht das aber so aus:

Es ist so weit, Hutz wird müde.

Ich stelle also dem großen Bruder seine Sendung an und begleite den Hutz stillend im Familienbett in den Schlaf. Das dauert zwischen 20 und 60 Minuten, manchmal unterbrochen von dem ein oder anderen Gastauftritt im Wohnzimmer.Hutz schläft.Nach 20 bis 60 Minuten im Dunkeln im Schlafzimmer ist meine Energie... sagen wir mal so, ich bin meistens stolz, NICHT mit eingeschlafen zu sein 😬.

Zeit mit *Mauso

Dann gehe ich rüber ins Wohnzimmer und kuschel mich zu meinem wundervollen großen Sohn. Wir reden ein bissl und dann mache ich mir den Fernseher an, während er in meinem Arm liegt. Diese Zeit mit dem Großen am Abend liebe ich. Tagsüber haben wir kaum eine Minute zu zweit und schon gar nicht so kuschelig. Er ist 4 Jahre alt und hat so viel zu berichten, ist so groß und trotzdem noch so klein. Wenn wir es uns abends dann zusammen unter einer Decke gemütlich machen, sind wir für eine kurze Zeit des Tages das 2er-Team, das wir vor der Geburt des Kleinen waren 💞Allerdings bin ich, ist der Große dann in meinem Arm eingeschlafen und ins Schlafzimmer rüber getragen, vom Energielevel her auf einer Skala von 1 bis 10 bei minus 7,5.

Ich hänge dann noch unmotiviert und müde drei Paar Socken ab, stelle den Geschirrspüler an, mache Papierkorb oder räume minimal auf und schaue dann noch eine halbe Stunde fern und genieße diese 30 Minuten ICH-Zeit des Tages, bevor ich die Hunde noch mal raus bringe, den kleinen Hund wickel und ins Bett umziehe.

So. Und nun kommt ihr klugen Menschen ins Spiel:

Wie zum wilden Hutz schaffe ich es, NICHT völlig groggy vom ins-Bett-bringen zurückzukehren? Welche Mantras empfehlt ihr mir, im mich abends noch mal hoch zu powern? Wie macht ihr das? Wie schafft ihr etwas im Haushalt, wenn 24/7 das Abrisskommando jeden eurer Schritte verfolgt und mit dem umwerfendsten Lächeln der Welt "hilft", indem es den Wäscheständer mit der frisch aufgehängten Wäsche sorgfältig abräumt, während ihr das Bad aufräumt?

Ich danke euch für jeden Gedanken und Tipp 😊 

*Name nicht wirklich geändert

 Binnen weniger Minuten hatte ich bereits viele, viele Antworten erhalten, deren Grundtenor lautete: sei nicht so hart zu Dir selbst.

Viele UserInnen antworteten mit Erleichterung (sinngemäß: "ich LIEBE es, Einblick in andere chaotische Wohnungen zu erhalten. Dann fühle ich mich nicht so allein!").

Zahlreiche LeserInnen beschrieben, wie sie es (mit mehr oder weniger Erfolg) schaffen, Herrinnen des täglichen Haushaltswahnsinns zu werden.

Und eine auffallend hohe Zahl von UserInnen reagierten mit der Empfehlung, eine magische Küchenspüle oder ähnliche Strategien hinzu zu ziehen.

Der Plan sieht nun aus, wie folgt:

1. Weiter ausmisten und minimalisieren
2. vor dem wild gehutzten aufstehen und heimlich ein bissl Haushalt vorarbeiten
3. Routinen etablieren
4. Hilfe annehmen!
5. Bücher wälzen schauen, welches magische Feudelprogramm zu uns passt.

Vielleicht, vielleicht halte ich euch auf dem Laufenden und dies wird so ein richtiger Mommy-wuppt-den-Sch***-Blog 😎

Mittwoch, 18. Mai 2016

"Ja, wie soll es denn heißen?" ...

Gib' dem Baby einen Namen!

Es gibt viele Fragen, die werdenden Eltern gestellt werden. "Was wird es denn?" ist eine der ganz beliebten. Beantwortet das glückliche Paar diese Frage, unschuldig lächelnd und sich in Sicherheit wiegend, nach bestem Wissen und Gewissen und mit einem unverhohlenen Stolz: "Manfred" oder "Herzelaide". Und wumms - trifft das junge Glück auf die harte Realität der ewig kritisierenden Verwandt- und Bekanntschaft.

"Manfreeeed? Das arme Kind!" oder "Herzelaide? Warum nicht lieber Chantal-Martha?" sind beispielhafte Ausrufe.

Und dann?

Ja, dann fühlen sich Mama und Papa mitunter ziemlich mies.

So war es bei uns:


Mausbär:


Als wir im Jahre 2012 mit unserem Mausbären schwanger waren, wälzten wir Namensbücher und trieben uns übertrieben intensiv auf allen einschlägigen Namens-Internetseiten herum. Kein Name gefiel. Kein Name brachte den gewünschten "Aha!"-Effekt. Ich zog mich dann schnell aus der Affäre, indem ich meinen Mann heiratete und ihn nötigte, meinen Nachnamen anzunehmen. Der perfide Plan: ihm die Verantwortung vor den Vornamen aufzubürden, da ich ja schon den Nachnamen stellte. Mein Plan ging auf. Einzige Bedingung war, dass ich den von ihm auserkorenen Namen nicht ganz, ganz schrecklich finde. Sondern höchstens ein bisschen.

Bis dato wusste ich nicht, wie viele Namen ich wirklich ganz, ganz schrecklich finde. Ich wollte (und will!) keinen Sohn ins Leben begleiten, der wie ein weibliches Körperteil heißt oder dessen Namen ich seit der Grundschule mit einem russischen Schwergewichtsboxer assoziiere. Noch schwieriger war, dass ich nicht wollte, dass mein Kind wie einer meiner früheren oder aktuellen Schüler heißt. Im Idealfalls sollte ich niemanden kennen, der diesen Namen trägt.

Es ist meinem Mann tatsächlich gelungen, einen Namen zu finden, der all diesen Kriterien entspricht: er klingt weder wie ein weibliches Körperteil, ich finde ihn nur ein ganz bisschen schrecklich und ich kannte (und kenne) niemanden sonst, der so heißt.

Mit seinem Superfund marschierte er also zu den Menschen, die uns lieben. "Waaas? Wiieee? Wie spricht man das denn aus???" Tönte es in der Küche seiner Mutter. Mein Vater drückte uns wortlos einen Internetartikel über Chantalismus und Kevinismus in die Hand. Meine beste Freundin grübelt bis heute über einen sinnvollen Spitznamen, eine Abkürzung des Vornamens quasi, die jedoch nicht den Eindruck erwecken soll als handele es sich bei meinem Sohn um die Darstellerin einer US-amerikanischen Jugendserie aus den 90er Jahren. "Warum gebt ihr eurem Kind nicht einen schönen Namen?" fragte SchwieMu unter Tränen und Freunde und Bekannte, die bereits Kinder hatten, teilten ausnahmslos mit, dass sie diesen Namen nicht in ihrer Favoritenliste gehabt hätten. Leon wäre doch schön. Oder Luka(s).

Beruhigend ist, dass sich die meisten der genannten Personen nicht mehr an ihre Vorbehalte erinnern. Wir haben in den 3,5 Lebensjahren zwar kaum Komplimente für den wunderbaren Vornamen unseres Großen bekommen, es ist aber auch noch niemand, dem wir ihn mitteilten lachend oder weinend zusammengebrochen.

Hutz:

Vor gut einem Jahr befanden wir uns dann erneut auf Namenssuche. Da wir den einzigen in Frage kommenden Jungennamen im gesamten Universum bereits für unseren Großen ausgesucht hatten, war natürlich der Schock immens als es hieß, das Bauchbaby würde wahrscheinlich wieder männlichen Geschlechtes werden. Wie würden wir ihn rufen? "Junge!"? "Zweitgeborener!"? "Kleiner Bruder!" (hier hätten wir tatsächlich mal nachschlagen sollen, wie "kleiner Bruder" z. B. in der Namensgebung indigener Völkern klingen würde! DIE Idee für's nächste Kind! Der findige Leser darf gern sein Wissen mit uns teilen. Gesucht werden Namen für das drittgeborene Kind, die die Bedeutung "Drittgeborene/r" beinhalten.)?

Es wurde wider Erwarten ziemlich einfach. Meine Schwiegermutter entdeckte eine Geburtsanzeige in der Zeitung, schnitt diese aus und legte sie uns vor. Der Name darin war kurz, einprägsam, passte zum Namen des großen (besonders für aktive Anhänger angenehm anmutender Alliterationen). Und obwohl in den Wochen darauf ein deutscher Musikkünstler mit eben diesem Vornamen unter demselben an Popularität gewann und ein Namensboom zu erwarten ist, stand für uns fest: der Bauchprummel sollte so heißen.

Witzigerweise ist es meine Schwiegermutter, die die größten Probleme mit dem Aussprechen des Namens hat. Aber schreiben kann sie ihn. Das ist doch schon mal etwas.

(Anmerkung für alle unter uns die hin und wieder leichte, kaum spürbare Differenzen mit ihren Schwiegermüttern haben: ja, ich habe ganz kurz überlegt, den Namen aus Prinzip NICHT zu nehmen ;-) )

Namen um uns herum

Mein Name ist Sarah. Ich bin in den frühen 80ern geboren und war niemals die einzige Sarah in meinem Jahrgang. Den Rekord hielt meine Berufsschulklasse mit zeitweise sechs (!) Sarahs bei insgesamt 21 Schülern.

Vielleicht führe ich deswegen im Kopf quasi Strichlisten, wenn mir Freunde von den Namen ihrer Kinder erzählen.

"Er heißt Luka" schwärmt meine frischgebackene Mama-Freundin.
"Sophie soll sie heißen" verkündet meine hochschwangere Bekannte.


"Merken: einmal Luka, einmal Sophie." markiere ich in meiner Gedankenliste.

Die Namen, welche mein Bekannten- und Freundeskreis an ihre Kinder vergibt, sind bunt gemischt. Und obwohl ich es versuche wie irre, kann ich kaum einen Zusammenhang zwischen sozialem Status der Eltern und der Namenswahl verzeichnen.

Ich kenne beispielsweise Hugo, Karl und Arno. Drei Namen, die vor 10 Jahren womöglich noch nicht vergeben worden wären. Hugo, Karl und Arno wachsen in drei völlig unterschiedlichen Familien auf. Einzig gemein ist ihnen, dass sie alle die Erstgeborenen sind (Hugo hat noch kein Geschwisterchen, Karl eines und Arno zwei) und dass ihre Elternpaare einen höheren Bildungsabschluss haben, jedoch nicht alle im Berufsleben sind.

Dann gibt es die Christina-Sebastian-Kai-Fraktion. Namen aus meiner Generation. Jeder kennt sie, jeder kann sie schreiben. Es sind für mich gefühlt bodenständige Namen, ohne Glamour und Schnörkel. Namen halt. Die ich in meiner Kindheit täglich über den Schulhof schallen hörte.

Eine weitere Sparte bilden die "wir sind nicht besonders mutig in der Namensgebung, wollen uns aber dennoch vom Mainstream unterscheiden"-Namen. Hier wird bei einem gängigen Vornamen ein Buchstabe durch einen anderen ausgetauscht oder einfach ein Buchstabe angehängt. Jendrik statt Hendrik, Joris statt Boris, Liah statt Lia.

Neben zahlreichen Finns, Ellas, Matses, Levis und Emilies (in allen möglichen Variationen geschrieben) gibt es aber auch die eierlegenden Wollmilcheinhörner unter den Namen. Evangelina-Hopes. Jack-John. Und nicht zu vergessen: Lia-Pia, die in Asien möglicherweise nicht auffallen würde, sich in unseren Breitengraden jedoch an die Frage gewöhnen muss, ob denn ihr Vater Ornithologe oder professioneller Triangelspieler ist. 

*** . *** . ***

Nomen est nicht Omen 

Würde nicht eine Rose genau so lieblich duften, würde sie Ortrud heißen?

Ich denke schon. Und während ich an der zarten Ortrud schnupper und darüber sinniere, ob ich meinen nächsten Sohn lieber "Freeeeeeerk!" oder "Joooooooost" rufen möchte, bin ich mit über eines im Klaren: Ich würde definitiv NICHT lieber Klaus-Fabian heißen, wie es der Plan meiner Eltern gewesen ist. 

















Warum auch Menschen mit Fahne und ohne Obdach meinem Sohn den Kopf tätscheln dürfen

In letzter Zeit fallen mir im sozialen Netzwerk wieder vermehrt Posts auf mit Inhalten ähnlich diesem:

"Oh, wie ich das hasse, wenn fremde Menschen mein Kind einfach angrabbeln! Da könnte ich jedes Mal ausrasten!"

Statt nun auf jeden dieser Posts zu reagieren schreibe ich einen Blogbeitrag und verlinke diesen dann fleißig. Ha! Deutlichen Blogger-Vorteil erkannt! Supi-dupi!

"Na, Du bist aber eine Süße!"

So wird mein Zweitgeborener oftmals angeredet wenn er verschlafen aus der Trage blinzelt. Sein potentieller Gesprächspartner ist eine Co-Fahrgästin der S-Bahn, ca. 70 Jahre alt, und guckt den Hutz mit großen, leuchtenden Augen an. Vorsichtig streckt sie ihren Zeigefinger aus und streicht damit sanft über des Hutzels weichen Handrücken.

Nun könnten zweierlei Reaktionen von Hutz erfolgen. Er könnte sich steif machen und seinen Kopf in die andere Richtung drehen. Dann ist es an mir, mich so wegzudrehen, dass eine weitere körperliche Kontaktaufnahme durch die Dame nicht möglich ist. Das mache ich, weil ich an seiner Reaktion gemerkt habe, dass ihm diese Situation unangenehm ist.

Meistens passiert aber etwas anderes. Der Gesichtsausdruck des Hutzelkindes verändert sich von schläfrig-dösig in freudig-strahlend. Und der Hutz hat ein Lächeln, dass es sein Gegenüber vor Wonne niederstrecken könnte (Silvie! Sag' was!). Die nette 70erin strahlt zurück und mindestens drei Fahrgäste, die dieses Kennenlernen beobachten, strahlen mit. Wenn Hutz so richtig gut drauf ist, dann gluckst er und streckt seine kleine Zunge keck raus. Spätestens hier hyperventilieren die ersten weiblichen Insassen der S-Bahn.

Ich bin sicherlich nicht Cal Lightman aus "lie to me". Aber so ganz banale Mimik kann ich auch deuten. Deswegen erlaube ich mir, zu urteilen, dass mein Sohnemann hier Freude empfindet.

Die 70-jährige ist aber nicht der eingangs erwähnte Alkoholduftträger!

Nein, das ist sie nicht. Aber den gibt's auch. Und auch er nimmt Kontakt zu meinen Kindern auf, wie jüngst vor einer Mall (hi hi) in Braunschweig ( <3 ). Mein Großer lief vor uns her und wurde von besagtem Herrn gestoppt, indem dieser seine Hand auf Mausos Kopf legte und lallte : "Na, nicht so schnell. Da ist eine große Straße!"

Nichts an dieser Aussage war zu bemängeln. Wäre er Frackträger mit Nickelbrille und Rollkragen gewesen, wäre womöglich ein Impuls gewesen, sich dankend zu verbeugen. Tatsächlich jedoch ist dieser Herr vermutlich kein Studienrat. Wahrscheinlicher ist, dass er nicht weiß, wo er die nächste Nacht verbringen soll.

So. Und wer bin ich nun, dass ich entscheide, von wem mein Sohn angefasst werden möchte und von wem nicht? Sehr häufig kommt es vor, dass Menschen ihm den Kopf kurz tätscheln. Seine Oma, ich, jemand im Supermarkt der gerne an ihm vorbei möchte (Mauso steht gern träumend im Weg), Mitglieder der Herrenhandballmannschaft, die nach dem Kinderturnen in der Halle ihrem Feierabendsport frönen.

Was lernt mein Sohn, wenn ICH selektiere? Toleranz? Akzeptanz? Wertschätzenden Umgang ohne Vorurteile? Wahrscheinlich nicht.

Der findige Leser weiß: ich habe nicht den Anspruch, dass meine Kinder durch gezieltes Verhalten meinerseits irgendetwas lernen. Also ist mein tieferer Gedanke dabei noch ein anderer:

Bekommen meine Kinder möglicherweise durch solches Verhalten von mir Angst vor Menschen, die nicht meinen persönlichen Vorlieben entsprechen?

Was ist mit dem "Dorf, das es braucht, um ein Kind großzuziehen"? Ist das ein idealisiertes Dorf? Wer wohnt da? Ausschließlich Pädagogen? Oder gehören zu einer Dorfgemeinschaft vielleicht auch die Abtrünnigen, Aussätzigen? Die Waldschrate, Kräuterhexen und Alm-Öhis?

Zugegeben: ich möchte vielleicht (vielleicht! Ein abschließendes Urteil kann ich einfach nicht fällen!) nicht, dass besagter Herr vor der Braunschweiger Mall (hi hi) maßgeblich daran beteiligt ist, Mauso und Hutz ins Leben zu  begleiten. Aber durch seinen freundlichen Hinweis und die unaufdringliche Berührung trug er doch ein wenig dazu bei. Zumal er Mauso direkt angesprochen und nicht in meine Richtung gekeift hat: "Ey, passen se ma besser auf det Gör auf!"


Lernt das Kind dann nicht, dass jeder es jederzeit anfassen darf? Ist es dann nicht potentielles Opfer für Missbrauch?

Ich wage zu behaupten: nein.

Woran ich das festmache? Nun - sowohl Mausbär als auch Hutzelkind sagen/zeigen sehr deutlich "Nein!" wenn sie nicht angefasst werden möchten.

Und in diesem Nein werden sie von mir unterstützt. Mauso muss sich nicht zur U7a ausziehen wenn er das nicht möchte. Bei der Physiotherapie gibt es Therapeuten, bei denen er nicht einmal die Socken ausziehen möchte. Und dann muss er das auch nicht! Er muss sich weder küssen noch tragen noch streicheln lassen wenn er etwas dagegen hat. Von niemandem. Wenn er diese Grenze nicht selber verteidigen kann oder mich um Hilfe bittet, werde ich an dieser Stelle auch ganz klar demjenigen gegenüber, der unbedingt an ihm herumfummeln möchte.

Ihre Körper gehören ihnen und sie müssen sie nicht unhinterfragt jederzeit zur Verfügung stellen.

Keime und so?!

Oftmals lese ich folgendes "Argument".

"Wer weiß, wo diese Leute ihre Hände vorher hatten?!"

Hö hö... Also das will ich gar nicht wissen. Vor allem möchte ich das nicht wissen, wenn Mauso sich mal wieder mit seinen Spielkameraden trifft und dort fleißig gemeinsam in die Schüssel mit den Melonenstücken gegriffen wird. Wenn Cousine E. (5 Jahre) angereist kommt, mit Bus und Bahn, und überschwänglich erst den Hund begrüßt (leck, leck), sich dann die Straßenschuhe von den Schweißfüßen (überspitzt gesagt) zieht und dann dem Hutzelkind über den Kopf streicht.

Bitte versteh mich nicht falsch, liebe Leserin/lieber Leser! Ich bin keine keimsuchende, kindgezieltgegenbakterienundvirenabhärtende Mutter. Ich wische meinem 3,5-jährigen die Hände ab, wenn er im Mülleimer am Bahnsteig des Hauptbahnhofes gewühlt hat, bevor er sich ein weiteres Stück von unserer Gemeinschaftspizza abreißt.

Der Blick über den Tellerrand

Hin und wieder lese ich auch: "Wir waren mit unseren Kindern (2,5 Jahre und 8 Monate) in xy (Italien, Spanien, Polen, Kosovo, ..., ..., ...) und dort wurden die Kinder ständig von wildfremden Leuten angesprochen und sogar angefasst und beschenkt!"

Ja, liebe Leute, da gilt es jetzt zu überlegen. Sind die alle schrullig, oder wir Eltern mit der (deutschen?) MEINS!-Mentalität?

... den Ausruf des Entsetzens oben spinne ich in Gedanken gerne weiter:
"... Sie durften überall spielen! Sie bekamen kostenlose Getränke und es wurde milde gelächelt, als sie nach 20:00 Uhr noch laut auf der Straße herumsprangen. Die Wirtin in der Pension kochte jeden Tag Leckereien für sie und war fast enttäuscht, wenn wir Tagesausflüge machten! Sie fühlten sich willkommen und angenommen, gesehen und wahrgenommen! SCHRECKLICH!"

Kein Fazit - aber eine Frage!

Wie kinderfreundlich kann ein Land sein, wenn dessen Einwohnern nicht gestattet wird, zu Kindern freundlich zu sein?

Und ein P.S. hinterher

Natürlich kenne ich den MEINS-Impuls. Ich finde ihn womöglich sogar richtig und wichtig, zeigt er doch eine erhöhte Achtsamkeit. Ich kann Eltern verstehen, die ihre Kinder vor den Händen und dem Atem völlig fremder Menschen abschirmen möchten. Und vielleicht ist dieser Blogpost ein ganz klein bisschen provokativ formuliert, um im Gedächtnis zu bleiben und sich ins Bewusstsein zu schieben, wenn wieder eine ganz dubiose Seniorin den wertvollsten Nachwuchs der ganzen Welt anspricht. Denn möglicherweise ist die dubiose Seniorin eine ganz liebe Dame, deren Enkelkinder am anderen Ende von Deutschland wohnen und der wertvollste Nachwuchs kann ihr für einen kurzen Moment das Herz erwärmen.















Freitag, 6. Mai 2016

Die Sache mit den Grenzen...

Warum meine Kinder Grenzen kennen.



Wie ich bereits andeutete, wachsen meine Kinder "unerzogen" auf.

"Unerzogen? Ja wat is dat dann? Kinner brauchen doch Jrenzen. Sonst wissen se doch öberhaupt nich, wie dat Leben so läuft!"

Hierzu ein klares: jein!

Selbstverständlich erleben Kinder Grenzen. Auch meine Kinder! Der feine Unterschied ist der, dass ich hier nicht auf irgendwelche von unserer Gesellschaft "erfundenen" Morälchen poche. Ich stecke meine Kinder nicht in einen willkürlich auf unser soziales Umfeld zugeschnittenen Rahmen, sondern bewege mich mit ihnen gemeinsam im Bereich dessen, was ein angenehmes Zusammenleben ermöglicht.

Ich setze meinen Kindern keine Grenzen, nur, damit sie lernen wie das so ist, wenn man begrenzt wird.
Ich konfrontiere meine Kinder nicht mit "Nein's", nur, um sie auf die harte Realiät vorzubereiten, in der man ja auch nicht alles durchsetzen kann.
Ich bin nicht der Meinung, dass Kinder erfundene Grenzen "brauchen", um sich nicht zu Tyrannen oder Schmarotzern zu entwickeln.

Dennoch kennen meine Kinder Grenzen.

1. Monetäre Grenzen


Ich bin nicht reich. Genau genommen habe ich sogar ziemlich wenig Geld. Meine Kinder haben noch keine Vorstellung vom Wert des Geldes, von Währungen und von Preisen.

Wenn mein Mausbär (3,5 Jahre alt) in der Spielzeugabteilung eines Kaufhauses auf die teure Holzeisenbahn  für 429,99 EUR zeigt und mit großen, hoffnungsvollen Augen sagt: "Die bringe ich zur Kasse, die müssen wir erst bezahlen!", dann möchte ich am liebsten sagen: "Ja, Schatz, genau so machen wir's."

Leider ist es mir nicht möglich, all diese großen und kleinen Wünsche zu erfüllen. Aber wenn es möglich wäre, würde ich es ohne mit der Wimper zu zucken tun!

Man (wer ist "man" und warum kommt er in meinem Blogpost vor?) kann mir glauben oder nicht:
mein Sohn WEIß, dass ich ihn nicht aus erzieherischen oder ähnlich willkürlichen Gründen um seinen großen Wunsch bringen würde. Noch nie (!) hatten wir Tränen oder Wut in einem Supermarktgang wenn ich sagte: "Nein, das kann ich Dir nicht kaufen, ich habe nicht genügend Geld dabei." oder "Nein, das möchte ich Dir nicht kaufen, weil das Geld diesen Monat nicht dafür reicht."

Natürlich ist er dann traurig. Diese Enttäuschung nehme ich ernst und sage ihm das auch. Er versteht langsam, dass wir da gemeinsam an eine Grenze stoßen. An die monetäre Grenze.

2. Physikalische Grenzen


Mausbär springt derzeit gern vom Hocker auf das Sofa. Er macht dann gern eine Ar***bombe. Manchmal holt er nicht genügend Schwung, springt nicht weit genug und erwischt mit dem Steiß statt der weichen Sitzfläche der Couch noch die harte Holzplatte des Hockers. Das schmerzt.

"Aber ich wollte doch weiter fliegen..." schluchzt er dann. "Ja, mein Sohn, das habe ich gesehen. Dir ist aber lediglich ein Sprung mit Schwung möglich. Fliegen kannst Du nicht, aber springen."

Er KANN nicht fliegen. So wenig erzieherischen Rahmen er auch gesetzt bekommt, so frei er sich in seinem Universum bewegen darf. Er KANN die Naturgesetze nicht außer Kraft setzen. Es gibt sie, diese physikalischen Grenzen.


3. Physische Grenzen


"Nach fünf Eis ist schluss!"

Das sage nicht ich, das sagt Mausbärs Magen.

"Nach acht Stunden toben im Garten mit den Hunden und mit Cousine E. wird aber geschlafen!"

Das sage nicht ich, das sagen Mausbärs Augen und fallen einfach zu.

"Ein krankes Kind gehört nicht auf's Trampolin!"

Das sage nicht ich, das sagt Mausbärs fiebernder kleiner Körper.


Die genannten drei Typen von Grenzen sind allesamt wenig beeinflussbar durch mich oder irgendjemanden sonst. Gut, bei Typ 1 könnte ich mich um einen großen Lottogewinn bemühen. Ich spreche hier aber gerade von der Realität.

Dann gibt es noch zwei Arten von Grenzen, die meine Söhne direkt durch mich oder andere Lebenwesen erfahren.

4. Grenzen der Sicherheit


Wenn ich mich mit anderen Menschen über meine Art, meine Kinder ins Leben zu begleiten, unterhalte und davon spreche, dass meine Kinder viel selbstbestimmt agieren dürfen, kommt immer (mit debil-überlegenem Lächeln á la "ha! Jetzt hab ich die Olle in die Falle gelockt!") der Spruch: "So so. Also dann würdest Du Dein Kind auch auf der Autobahn Fußball spielen lassen. Weil Du ihm ja nix verbietest"  (Selbstgefälliges Lächeln in die Runde)

Ich: "Ja, natürlich würde ich das! Sofern die Autobahn abgesperrt ist und keinerlei Verkehr fließt. Ich liebe meine Kinder und möchte nicht, dass ihnen etwas zustößt."

Ihr lieben Zweifler:

Nein, ich lasse mein Kind nicht in den Topf mit brodelndem Nudelwasser greifen.
Nein, ich lasse mein Kind nicht mit einem Regenschirm vom Dach springen. (Ohne Regenschirm auch nicht!)
Nein, ich lasse mein Kind nicht auf der Autobahn Fußball spielen.

Diese und noch einige Aktivitäten mehr unterbinde ich nicht, weil ich denke, dass sie aus meinem Sohn einen schlechteren Menschen machen oder ihn gesellschaftsunfähig werden lassen. Ich unterbinde sie, weil ich nicht möchte, dass meinem Kind etwas schreckliches zustößt.

Ja, ich setze meinem Kind damit eine Grenze. Aber diese ist weder willkürlich, noch aus dubiosen gesellschaftlichen Konventionen entstanden.

5. Grenzen anderer Lebewesen


Kinder sind kooperativ. Wer sich die Zeit nimmt, dies festzustellen, wird mir zustimmen.
Kinder sind aufmerksam und zugewandt. Nicht 24 Stunden am Tag, aber von ihrer Grundhaltung her.

Ich lebe mit meinen Kindern eng zusammen. Damit diese Gemeinschaft für alle angenehm ist, wünsche ich mir, dass wir gemeinsam darauf achten, dass sich jeder von uns wohl fühlt. Dass sich jeder von uns gesehen, wertgeschätzt und respektiert fühlt. Und zwar sowohl Erwachsene, als auch Kinder, als auch Haustiere. Hier in unserem Mikrokosmos "Familie" können meine Kinder erste Erfahrungen sammeln, wie das Zusammentreffen mit verschiedenen Individuen und deren Bedürfnissen, Wünschen, persönlichen Vorlieben vonstatten gehen kann. Und in diesem Zusammenleben stoßen wir auch auf die persönlichen Grenzen des anderen.

Bei meinem Mann (C., 38 Jahre alt) ist so eine Grenze das Erkunden von Lebensmitteln. Er findet es wichtig und richtig, wenn unser Hutz (8 Monate) sein Essen selber untersuchen und zum Mund führen kann (Stichwort: baby-led weaning). Das Gematsche, welches dabei entsteht, findet C. ganz fürchterlich. Noch fürchterlicher findet er es, wenn er selber Teil der Matschlandschaft wird, wenn also Süßkartoffelstücke auf seinen Hausschuh fallen oder die bereits eine halbe Stunde durchgelutschte Dinkelstange wie ein Orden auf seine Schulter geklebt wird.

Ich könnte sagen: "Meine Güte, stellt der Herr sich aber an!" (denn ehrlich gesagt ist das oft das, was ich denke). Ich akzeptiere jedoch diese innere Grenze bei ihm. Und der Hutz wird sie auch irgendwann kennen und akzeptieren und ihm kein oral selbsthergestelltes Erbsenpürree in den Ärmel massieren. Unser großer Mausbär weiß jedenfalls: "Wenn ich etwas im Mund habe, dessen ich überdrüssig geworden bin, spucke ich es entweder in Mamas Handfläche oder auf ihren Teller, oder (wenn Mama oder ihr Teller gerade nicht greifbar sind) in ein (man lese und staune) Taschentuch."

Klare Regeln persönliche Grenzen betreffend gibt es in Bezug auf die Hunde. Ich möchte nicht, dass meine Hunde bedrängt oder verängstigt werden. Ich möchte weder, dass sie Schmerzen erleiden, noch, dass sie sich bei uns nicht mehr wohl fühlen. Wenn die Hunde sich zurückziehen, wahre ich ihren Wunsch nach Ruhe und kommuniziere dies als Grenze gegenüber meinen Söhnen.

Unser Zusammenleben hier gestaltet sich so, dass wir uns in einem von uns allen gemeinsam errichteten, dynamisch-flexiblen Rahmen bewegen, der es uns ermöglicht, uns miteinander wohl zu fühlen.




Donnerstag, 5. Mai 2016

Aller Anfang ist ... *gähn*

Wie fängt man so einen ersten Blog-Post an? ...


Ich habe dazu mal im Internet recherchiert und viele Seiten gefunden mit Überschriften ähnlich dieser:

"10 Fehler, die Sie als Neu-Blogger niemals machen sollten!"
"die 4 ultimativen Tipps um Ihren Blog erfolgreich zu machen!"
"Behrens Ledersandalen - Sommersale!" (gut, hier war dann meine Recherchegeduld vorbei. Aber die Ledersandalen MUSS ich einfach testen!)

Was mache ich also mit all diesen wertvollen Informationen? Richtig. Ich lese sie nicht, mache all diese Fehler und werde - ob der Tatsache die 4 ultimativen Tipps nicht gelesen zu haben - wahrscheinlich keinen sehr erfolgreichen Blog führen.

Warum ich das nicht weiter alarmierend finde, wird der eigentliche Inhalt meines ersten Blogposts.

... und warum überhaupt bloggen?


Es trug sich zu, dass ich meinen lieben virtuellen Freundinnen (sie existieren wirklich! Ich weiß es! Ich traf sie bereits!) über Monate hinweg aus meinem Leben berichtete, so wie sie mir aus ihrem. Smalltalk ("Hey, ist J's Durchfall besser?") mischte sich mit überlebenswichtigen Fragen ("Sollten wir nicht alle mal Ernst-Bilder unter'm Weihnachtsbaum gemacht haben?") und jeder Menge heiterer Wortklaubereien. Es war ein wunderbares WhatsApp-lastiges Jahr und mehr als einmal rettete ich mich gedanklich in mein Smartphone während um mich herum mal wieder die Realität wütete.

Genau diese Realität - nennen wir sie die Eherealität - sorgte für das Entstehen dieses Blogs.

Ich mache es kurz uns schmerzlos: ich trennte mich von meinem Mann und eins der Mädels (L.) mochte mit mir wetten, dass diese Trennung nicht lang andauern würde. Ihr Wetteinsatz war ein Dekoelement für mein neues Wohnen, welches ich mir dann aussuchen dürfte.  "Doch," sagte ich großspurig, "dieses Mal ist es das gewesen. Der Ofen ist aus. Der Drops ist gelutscht. Der Adler hat das Gebäude verlassen. Und wenn ich doch *wasniepassierenwirdaberwennichjetztnixsagewirdesjakeinesinnvolleWette* je wieder einen Neuanfang mit ihm wagen sollte, dann blogge ich drüber."

Joa. Ich blogge jetzt also.

In mir lodert nicht den Ehrgeiz, einen dieser bekannten, tollen Blogs zu schreiben. Ich möchte weder Werbeverträge noch Status erreichen. Ich möchte mindestens eine "Wettschuld" einlösen und im allerbesten Fall ein bisschen unterhalten.

Wer ist "ich"? Und warum bloggt "ich" hier eigentlich?


Wer:

die Sarah, 33 Jahre alt, 2-fache Mutter, Rechtsanwaltsfachangestellte, Studentin der Sonderpädagogik

Wo:

in der Nähe von Hannover.

Wann:

selten. Denke ich.

Was:

den täglichen Wahnsinn, gepaart mit der ein oder anderen pädagogischpsychologischen Klugschei*erei.

Warum:

L. hat die Wette gewonnen. Und ich bleibe dekorations- und ratlos.