Mittwoch, 18. Mai 2016

"Ja, wie soll es denn heißen?" ...

Gib' dem Baby einen Namen!

Es gibt viele Fragen, die werdenden Eltern gestellt werden. "Was wird es denn?" ist eine der ganz beliebten. Beantwortet das glückliche Paar diese Frage, unschuldig lächelnd und sich in Sicherheit wiegend, nach bestem Wissen und Gewissen und mit einem unverhohlenen Stolz: "Manfred" oder "Herzelaide". Und wumms - trifft das junge Glück auf die harte Realität der ewig kritisierenden Verwandt- und Bekanntschaft.

"Manfreeeed? Das arme Kind!" oder "Herzelaide? Warum nicht lieber Chantal-Martha?" sind beispielhafte Ausrufe.

Und dann?

Ja, dann fühlen sich Mama und Papa mitunter ziemlich mies.

So war es bei uns:


Mausbär:


Als wir im Jahre 2012 mit unserem Mausbären schwanger waren, wälzten wir Namensbücher und trieben uns übertrieben intensiv auf allen einschlägigen Namens-Internetseiten herum. Kein Name gefiel. Kein Name brachte den gewünschten "Aha!"-Effekt. Ich zog mich dann schnell aus der Affäre, indem ich meinen Mann heiratete und ihn nötigte, meinen Nachnamen anzunehmen. Der perfide Plan: ihm die Verantwortung vor den Vornamen aufzubürden, da ich ja schon den Nachnamen stellte. Mein Plan ging auf. Einzige Bedingung war, dass ich den von ihm auserkorenen Namen nicht ganz, ganz schrecklich finde. Sondern höchstens ein bisschen.

Bis dato wusste ich nicht, wie viele Namen ich wirklich ganz, ganz schrecklich finde. Ich wollte (und will!) keinen Sohn ins Leben begleiten, der wie ein weibliches Körperteil heißt oder dessen Namen ich seit der Grundschule mit einem russischen Schwergewichtsboxer assoziiere. Noch schwieriger war, dass ich nicht wollte, dass mein Kind wie einer meiner früheren oder aktuellen Schüler heißt. Im Idealfalls sollte ich niemanden kennen, der diesen Namen trägt.

Es ist meinem Mann tatsächlich gelungen, einen Namen zu finden, der all diesen Kriterien entspricht: er klingt weder wie ein weibliches Körperteil, ich finde ihn nur ein ganz bisschen schrecklich und ich kannte (und kenne) niemanden sonst, der so heißt.

Mit seinem Superfund marschierte er also zu den Menschen, die uns lieben. "Waaas? Wiieee? Wie spricht man das denn aus???" Tönte es in der Küche seiner Mutter. Mein Vater drückte uns wortlos einen Internetartikel über Chantalismus und Kevinismus in die Hand. Meine beste Freundin grübelt bis heute über einen sinnvollen Spitznamen, eine Abkürzung des Vornamens quasi, die jedoch nicht den Eindruck erwecken soll als handele es sich bei meinem Sohn um die Darstellerin einer US-amerikanischen Jugendserie aus den 90er Jahren. "Warum gebt ihr eurem Kind nicht einen schönen Namen?" fragte SchwieMu unter Tränen und Freunde und Bekannte, die bereits Kinder hatten, teilten ausnahmslos mit, dass sie diesen Namen nicht in ihrer Favoritenliste gehabt hätten. Leon wäre doch schön. Oder Luka(s).

Beruhigend ist, dass sich die meisten der genannten Personen nicht mehr an ihre Vorbehalte erinnern. Wir haben in den 3,5 Lebensjahren zwar kaum Komplimente für den wunderbaren Vornamen unseres Großen bekommen, es ist aber auch noch niemand, dem wir ihn mitteilten lachend oder weinend zusammengebrochen.

Hutz:

Vor gut einem Jahr befanden wir uns dann erneut auf Namenssuche. Da wir den einzigen in Frage kommenden Jungennamen im gesamten Universum bereits für unseren Großen ausgesucht hatten, war natürlich der Schock immens als es hieß, das Bauchbaby würde wahrscheinlich wieder männlichen Geschlechtes werden. Wie würden wir ihn rufen? "Junge!"? "Zweitgeborener!"? "Kleiner Bruder!" (hier hätten wir tatsächlich mal nachschlagen sollen, wie "kleiner Bruder" z. B. in der Namensgebung indigener Völkern klingen würde! DIE Idee für's nächste Kind! Der findige Leser darf gern sein Wissen mit uns teilen. Gesucht werden Namen für das drittgeborene Kind, die die Bedeutung "Drittgeborene/r" beinhalten.)?

Es wurde wider Erwarten ziemlich einfach. Meine Schwiegermutter entdeckte eine Geburtsanzeige in der Zeitung, schnitt diese aus und legte sie uns vor. Der Name darin war kurz, einprägsam, passte zum Namen des großen (besonders für aktive Anhänger angenehm anmutender Alliterationen). Und obwohl in den Wochen darauf ein deutscher Musikkünstler mit eben diesem Vornamen unter demselben an Popularität gewann und ein Namensboom zu erwarten ist, stand für uns fest: der Bauchprummel sollte so heißen.

Witzigerweise ist es meine Schwiegermutter, die die größten Probleme mit dem Aussprechen des Namens hat. Aber schreiben kann sie ihn. Das ist doch schon mal etwas.

(Anmerkung für alle unter uns die hin und wieder leichte, kaum spürbare Differenzen mit ihren Schwiegermüttern haben: ja, ich habe ganz kurz überlegt, den Namen aus Prinzip NICHT zu nehmen ;-) )

Namen um uns herum

Mein Name ist Sarah. Ich bin in den frühen 80ern geboren und war niemals die einzige Sarah in meinem Jahrgang. Den Rekord hielt meine Berufsschulklasse mit zeitweise sechs (!) Sarahs bei insgesamt 21 Schülern.

Vielleicht führe ich deswegen im Kopf quasi Strichlisten, wenn mir Freunde von den Namen ihrer Kinder erzählen.

"Er heißt Luka" schwärmt meine frischgebackene Mama-Freundin.
"Sophie soll sie heißen" verkündet meine hochschwangere Bekannte.


"Merken: einmal Luka, einmal Sophie." markiere ich in meiner Gedankenliste.

Die Namen, welche mein Bekannten- und Freundeskreis an ihre Kinder vergibt, sind bunt gemischt. Und obwohl ich es versuche wie irre, kann ich kaum einen Zusammenhang zwischen sozialem Status der Eltern und der Namenswahl verzeichnen.

Ich kenne beispielsweise Hugo, Karl und Arno. Drei Namen, die vor 10 Jahren womöglich noch nicht vergeben worden wären. Hugo, Karl und Arno wachsen in drei völlig unterschiedlichen Familien auf. Einzig gemein ist ihnen, dass sie alle die Erstgeborenen sind (Hugo hat noch kein Geschwisterchen, Karl eines und Arno zwei) und dass ihre Elternpaare einen höheren Bildungsabschluss haben, jedoch nicht alle im Berufsleben sind.

Dann gibt es die Christina-Sebastian-Kai-Fraktion. Namen aus meiner Generation. Jeder kennt sie, jeder kann sie schreiben. Es sind für mich gefühlt bodenständige Namen, ohne Glamour und Schnörkel. Namen halt. Die ich in meiner Kindheit täglich über den Schulhof schallen hörte.

Eine weitere Sparte bilden die "wir sind nicht besonders mutig in der Namensgebung, wollen uns aber dennoch vom Mainstream unterscheiden"-Namen. Hier wird bei einem gängigen Vornamen ein Buchstabe durch einen anderen ausgetauscht oder einfach ein Buchstabe angehängt. Jendrik statt Hendrik, Joris statt Boris, Liah statt Lia.

Neben zahlreichen Finns, Ellas, Matses, Levis und Emilies (in allen möglichen Variationen geschrieben) gibt es aber auch die eierlegenden Wollmilcheinhörner unter den Namen. Evangelina-Hopes. Jack-John. Und nicht zu vergessen: Lia-Pia, die in Asien möglicherweise nicht auffallen würde, sich in unseren Breitengraden jedoch an die Frage gewöhnen muss, ob denn ihr Vater Ornithologe oder professioneller Triangelspieler ist. 

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Nomen est nicht Omen 

Würde nicht eine Rose genau so lieblich duften, würde sie Ortrud heißen?

Ich denke schon. Und während ich an der zarten Ortrud schnupper und darüber sinniere, ob ich meinen nächsten Sohn lieber "Freeeeeeerk!" oder "Joooooooost" rufen möchte, bin ich mit über eines im Klaren: Ich würde definitiv NICHT lieber Klaus-Fabian heißen, wie es der Plan meiner Eltern gewesen ist. 

















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